Welchen Nutzen haben Trainerspiele? 

Das Training mit einem menschlichen Trainingspartner hat einige Vorteile: 

Die Trainingsspiele geben dem Trainer die Möglichkeit, sein Training zu verbessern: Z.B. das Verbessern des Timings, das Austesten und Experimentieren mit verschiedenen Trainingsmethoden wie z.B. Targettraining, freies Formen und Locken, die Schulung des Beobachtungsvermögens, die richtige Einführung von Signalen sowie den Aufbau von Verhaltensketten. Trainingspläne können anhand von Trainerspielen   geübt werden, so kann der Trainer einen Trainingsplan entwickeln und  testen, ganz ohne ein Tier zu frustrieren. Trainingsspiele können so als Generalprobe für den Echtlauf am Tier genutzt werden und das wertvolle Feedback des Trainingspartners (Menschen) in die Optimierung des Plans mit einfließen. 

Dies geht von ganz einfachen Übungen wie “Berühre auf Signal einen Gegenstand” zu “Wirf solange rote Perlen in den Topf, wie ich dir das Signal dafür gebe und ändere ich das Signal, wirfst Du nur noch die grüne Perlen in den Topf“ usw. Wenn der  Schüler etwas nicht versteht, kann im Nachhinein darüber gesprochen und an einer individuelle Lösungen gearbeitet werden. Das fördert die Kreativität im Entwickeln von Trainingsschritten und regt die Ideenfindung an.

Der Schüler kann erfahren, wie sich eine Trainingssituation anfühlt, z.B. wie es sich anfühlt “geclickt” zu werden und entwickelt dadurch ein tieferes Verständnis zum Hund (Tier?).  Er empfindet beispielsweise Freude, wenn er weiß, was zu tun ist. Oder er fühlt sich unwohl, weil er keine Ahnung hat, was der Trainer von ihm möchte. 

Nach jeder Trainingseinheit  können sich Lehrer und Schüler gegenseitiges Feedback geben: Hier erhält der Trainer eine Rückmeldung darüber, was der Schüler wirklich gelernt bzw. verknüpft hat oder ab wann das Training für den Schüler nicht mehr verständlich war. Der Schüler kann sich dazu äußern, wie sich das Training angefühlt hat, was er am Training gut gefunden hat und was er sich eventuell gewünscht hätte, um schneller das Verhalten zu lernen. Mit diesen wichtigen Informationen kann der Trainer seinen nächsten Durchgang besser planen und versuchen auf die Bedürfnisse seines Schülers einzugehen. 

Corinna Lenz: „So durfte ich einige Erkenntnisse als Schüler sammeln. Eine Erkenntnis bei mir war das Mitverknüpfen von Dingen. So bin ich bei einer Aufgabe als Schüler davon ausgegangen, dass das Kratzen am Ohr meines Lehrers ein Signal für mich darstellen sollte. Während sich mein Lehrer an das Verhalten (kratzen am Ohr) gar nicht erinnern konnte und es unterbewusst gemacht hat. Diese Erfahrung war für mich eine wichtige Erkenntnis ein Signal im Hundetraining künftig deutlicher zu zeigen und mich selbst auch besser zu “beobachten”. Zeigt mein Hund auf ein gegebenes Signal kein Verhalten, hinterfrage ich nun zunächst mein eigenes Verhalten. Habe ich mich klar genug ausgedrückt? Konnte der Hund mein Signal wahrnehmen? Was könnte er fälschlicherweise verknüpft haben?“ 

Was brauchen wir, um Trainerspiele zu spielen?

Außer Zeit und Lust braucht man für Trainingsspiele nichts. Bei der Durchführung sind einem keine Grenzen gesetzt. Trainerspiele kann man ohne Fachwissen und aufwendigem Material spielen. Ein Clicker oder Markerwort, ein paar Alltagsgegenstände und ein paar spannende Aufgaben reichen völlig aus. 

Wie macht man das? 

Der Trainer überlegt sich eine Aufgabe, schreibt diese auf einen Zettel und steckt ihn in die Hosentasche. Dann überlegt er sich, wie er die Aufgabe dem Schüler beibringen möchte und startet sein Training. Dabei darf er nur den Clicker und Belohnungen (z.B. Spielgeld, Schokostücke) und evtl. ein Target zur Hilfe nehmen. Immer wenn der Trainer “clickt”, weiß der Schüler, dass er ein erwünschtes Verhalten zeigt und so nähern sie sich Schritt für Schritt dem Trainingsziel. 

Nach dem Training können sich der Trainer und Schüler ein gegenseitiges Feedback geben. Zum Beispiel könnte der Trainer fragen: Warum hast du dieses Objekt und nicht ein anderes angefasst. Wie hast du dich während des Trainings gefühlt? Hat dir das Training Spaß gemacht? Hier können wir die Fragen stellen, die wir schon immer mal unseren Tieren stellen wollten und bekommen Antworten. 

Los geht`s: 

Aufgabe: “Der Trainingspartner steht für drei Sekunden auf einem Bein”. 

Jetzt dürfen Trainer und Schüler frei agieren. Der Trainingspartner kann verschiedene Verhalten anbieten. Er kann den Arm anheben, in die Hände klatschen, sich am Kopf kratzen, mit dem Fuß wackeln oder mit den Augen zwinkern. Der Trainer kann abwarten und nur dann klicken, wenn der Trainingspartner das gewünschte Körperteil von selbst anhebt. 

Bei einem Trainerspiel kann der Trainer austesten, ob er das Verhalten mit einem Target seinem Schüler beibringen möchte, über freies Formen, Formen, Locken, vormachen darf der Trainer das Verhalten nicht, dies wäre dann zu einfach. 😉 Es bietet sich bei Trainerspielen immer an mehrere Varianten mit unterschiedlichen Schülern auszuprobieren und durch das Feedback des Tieres besser in seinen Abläufen zu werden.

Experimente für die richtige Methodenwahl

Wie bringe ich meinem Tier ein Verhalten so bei, dass Mensch und Tier das Training Spaß macht und beide zu dem gewünschten Erfolg gelangen? 

Ist es sinnvoll dem Tier ein Verhalten mit einem Target, durch freies Formen oder durch Locken beizubringen? Inwieweit macht es Sinn, diese Methoden zu mischen? 

Targettraining 

Beim Targettraining (Target= englisch: Ziel) lernt der Schüler zunächst, mit einem Körperteil einen Gegenstand zu berühren. Welches Körperteil dabei den Target berühren soll, entscheidet der Trainer. Es kann die Nase, das Knie, der Fuß etc. gewählt werden. Beispiel: Der Schüler soll mit einem Knie ein Target berühren.

Im nächsten Schritt kann dem Schüler mit dem Target eine neue Aufgabe beigebracht werden. Beispiel: Das Target wird ein Stück vom Knie entfernt hingehalten. Der Schüler bewegt sein Knie, da er wieder das Target berühren möchte, denn dafür wird er ja noch zuvor geclickt. So kann der Trainer dem Schüler leicht mit Hilfe eines Targets beibringen, auf einem Bein zu stehen. 

Ein Vorteil beim Targettraining ist der schnelle und einfache Aufbau. Ein Nachteil ist jedoch, dass das Target häufig wieder abgebaut werden muss und das nicht immer ganz einfach ist.  Es wird schwierig den Target wieder abzubauen, , wenn das Tier den Target mit dem Verhalten verknüpft. 

Formen

Beim Formen nähert sich der Schüler in vielen kleinen Schritten dem Zielverhalten an. Der Trainer verstärkt alles, was dem Zielverhalten nahekommt. Das Verhalten wird schrittweise eingeübt. Man kann sich das gewünschte Verhalten wie einen Zeitlupenfilm vorstellen, um die einzelnen Schritte genauer wahrzunehmen. 

Die Umgebung darf als Hilfsmittel angepasst werden. Wenn das Endverhalten beispielsweise sein soll, eine Wäscheklammer in der Hand zu halten und diese auf und zuzumachen, kann der Trainer seinem Schüler die Klammer überreichen, so dass dieser wahrscheinlich die Hand öffnet, um die Wäscheklammer festzuhalten. Wenn er die Wäscheklammer in der Hand hält, kann man ihm ein BlattPapier hinhalten. Man bietet ihm so die Möglichkeit, die Wäscheklammer aufzumachen, um diese am Papier zu befestigen. Das Aufmachen der Wäscheklammer belohnt der Trainer und nimmt das Papier wieder weg. So vermeidet er, dass das Aufmachen der Klammer mit dem Befestigen am Papier verbunden ist. 

Freies Formen

Beim Freien Formen belohnt der Trainer die Zwischenschritte zum Ziel. Hierbei gibt der Trainer keine Hilfen. Der Schüler testet selbst durch Ausprobieren aus, welches Verhalten vom Trainer verstärkt wird beziehungsweise welches Verhalten sich für ihn lohnt. Der Trainer darf sich dabei nur bewegen, wenn er dem Schüler eine Belohnung gibt. 

Persönliche Erkenntnisse

Corinna Lenz: „Ich habe immer gerne durch Freies Formen meinen Hunden Dinge beigebracht. Mit einem Clicker und Leckerli ausgestattet habe ich das Verhalten des Tieres beobachtet und das gewünschte Verhalten belohnt. Dies habe ich so lange gemacht, bis ich bei einem Trainerspiel als Schüler ein Verhalten über Freies Formen beigebracht bekommen habe. Mein Trainer wollte mir einen Handkuss beibringen. Ich sollte dabei in meine Handinnenfläche küssen. Als ich meine Hand bewegte, klickte mein Trainer. Ich versuchte es wieder – kein Click. Ich probierte immer wieder neue Dinge aus, kam aber nicht auf einen Handkuss. Wie sollte ich auch? Ich fühlte mich unwohl, denn ich hab mein Bestes gegeben, habe alles Mögliche ausgetestet und bekam kein positives Feedback. Nach dieser Erfahrung wusste ich, warum mir meine Pudelhündin während des Trainings öfters mal ausgestiegen ist und lieber auf dem Sofa Platz genommen hat.

Mit Hilfe von Trainerspielen teste ich mittlerweile unterschiedliche Methoden aus und lerne  dadurchdiese miteinander zu verbinden. So kann ich mich auf den Schüler einstellen, ihn herausfordern, aber nicht überfordern. 

Mögliche Lösung zur Aufgabe Handkuss:  Hätte mir mein Trainer ein Target in Form von einem Mund (oder aufgemalten Mund auf ein Blatt Papier) vor meinen Mund gehalten, hätte ich es mit einer hohen Wahrscheinlichkeit geküsst. Im zweiten Schritt hätte er mir dieses Target dann in meine Handinnenfläche halten können, so dass ich es dort Küsse. Im nächsten Schritt hätte er das Target wegnehmen können und mich einfach mal ausprobieren lassen (Freies Formen) . Denn durch das zu vorige Targettraining hätte ich schon eine Idee davon gehabt, welches Verhalten von mir gewünscht war du die beiden Schritte miteinander verknüpft. Vielleicht hätte ich dann in meine Handinnenfläche geküsst.“

Mögliche Auswirkungen von nur einem falschen “Click”

Trainingsspiele geben einem die Möglichkeit, mit Trainingssituationen zu experimentieren und gezielt Situationen zu stellen. Mary Hunter, eine amerikanische Tiertrainerin, wollte herausfinden, welche Auswirkungen ein einziger Fehlclick bzw. eine einzige Falschbestätigung haben kann. Sie beschreibt in ihrer Arbeit („The power of one reinforcer” Master of Science, 2013 bei Prof Rosales Ruiz) eine typische Trainingssituation: Der Tiertrainer bringt seinem Tier ein Verhalten bei und steigert dabei schrittweise seine Kriterien bzw. seine Lernschritte. Das Tier macht einen Fehler und bekommt eine Weile keine Bestätigung mehr. Dies führt sowohl beim Trainer als auch beim Tier zur Frustration. Dann passiert evtl., was Bob Bailey als “desperation driven click” beschreibt. Es wird ein ungenaues bzw. falsches Verhalten bestätigt. 

The trainer perhaps feeling desperate or frustrated, reinforces a behavior that should not be counted as correct for a new approximation”. (Bob Bailey 2013, What did Bailey do and why: A training potpurri: Animal Training Conference, Denton TX)

Durch diesen einen Fehlclick zeigt das Tier ein komplett neues Verhalten, das häufig nicht ganz schnell gelöscht werden kann. Mary Hunter hat diese “desperation click situation” mit dem Spiel PORTL nachgestellt. Sie hat dabei verschiedene Versuchspersonen in die Situation gebracht. Zunächst hat der Trainer den Schüler eine Weile für das Berühren eines Gegenstandes bestärkt. Dann längere Zeit nicht. Dann haben die Versuchspersonen einen neuen Gegenstand berührt und dies wurde vom Trainer einmal bestätigt. Danach hat sich der Schüler längere Zeit mit dem neuen Gegenstand beschäftigt als mit dem alten Gegenstand und das, obwohl der zuvor öfters bestätigt wurdeund somit eine längere Belohnungsgeschichte hatte. Nach Auswertung der Dokumentationsbögen stellte sie fest, dass ein einziger Fehlclick bzw. eine einzige falsche Bestätigung massive Auswirkungen haben kann. Die Testpersonen haben angegeben, dass sie verunsichert waren und sich schlecht gefühlt haben. Dies leitet zu dem Ergebnis, dass falsche bzw. ungenaue Bestätigungen bzw. “Mitleidclicks”, wie man sie auch nennen kann, zu vermeiden sind. 

Es sollten vielmehr klare Kriterien belohnt werden und ein genauer Trainingsplan existieren. Läuft das Training also nicht wie geplant, so Mary Hunter, ist es sinnvoll, das Training sofort zu beenden und sich Gedanken über einen neuen Trainingsweg zu machen. Denn clickt man falsches Verhalten nur, um den Schüler im Spiel zu halten und zu motivieren (Mitleidclick), ist der Schaden und die Frustration am Ende höher, als das Training abzubrechen und den Plan zu ändern.  

Trainingsblockaden mit Hilfe von Trainerspielen lösen

Es besteht also die Möglichkeit, offene Fragen in gestellten Situationen zu beantworten. Wir haben mit Hilfe der Spiele die Möglichkeit, selbst Situationen zu stellen, die uns im Training noch nicht klar sind: Wenn wir an einem Punkt nicht weiter kommen, Trainingsblockaden haben oder einfach nur herausfinden möchten, welche Trainingsweise am schnellsten funktioniert – viele Siatuationen lassen sich mit Trainerspielen nachstellen und unterstützen ein gutes Training. 

Diese offenen Fragen könnte man nun mit einem menschlichen Trainingspartner zunächst testen. 

Um ein tieferes Verständnis zum Tier zu bekommen, sind Trainerspiele sehr geeignet. 

Happy Training
Deine Corinna